Das Institut für ppt strebt mit seiner Ausbildungsstruktur und mit seinen Ausbildungsinhalten einen Dialog zwischen den Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologisch Fundierte Psychotherapie an. Dies soll Auszubildenden der Psychologischen Psychotherapie eine besondere und individuelle psychotherapeutische Entwicklung und Identitätsbildung ermöglichen. Das jeweils gewählte Schwerpunktverfahren soll durch Wissensbestände und praktische Behandlungsstrategien aus anderen psychotherapeutischen Verfahren angereichert werden. Dies ermöglicht eine auf die jeweilige Problematik der Patient:innen abgestimmte Behandlung, die einzelfallbezogen entworfen und durchgeführt werden kann.
So können aus Sicht des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie dabei tiefenpsychologische Störungsverständnisse und Theoreme für die Aufarbeitung der prädisponierenden und auslösenden Bedingungen von Nutzen sein, um eine nachhaltige und (Rückfall-)vorbeugende Behandlung der problematischen Persönlichkeitsaspekte in einer fortgeschrittenen Therapiephase zu gestalten. Aus tiefenpsychologischer Sicht können einige Behandlungstools und störungsspezifische Interventionen zur weiteren Ausdifferenzierung des tiefenpsychologisch fundierten behandlungstechnischen Vorgehens von Interesse sein, die auf den besonderen Fall abgestimmt und ebenfalls in einem vorangeschrittenen Stadium der Therapie eingeflochten werden können.
Dabei soll nach unserer Auffassung das jeweilige Störungs- und Behandlungsparadigma des gewählten Schwerpunktverfahrens grundsätzlich nicht aufgeweicht werden, sondern durch therapeutische und diagnostische Konstrukte und Behandlungsansätze ergänzt werden, die auf einem reichhaltigen Fundus klinischer Erfahrungen und Erkenntnisse und bewährter Behandlungsstrategien basieren und zurückgreifen. Diese Weiterentwicklung und fortlaufende Modifikation und Optimierung des therapeutischen Vorgehens ist dabei nicht nur Resultat und Rückwirkung der praktischen Erfordernisse des konkreten Einzelfalls. Sie orientiert sich auch an dem sich ständig entwickelnden besonderen Profil und an der Identitätsentwicklung der Auszubildenden, die im Laufe ihrer Ausbildung persönliche Kompetenzen, aber auch Entwicklungsaufgaben an sich wahrnehmen und entsprechend bewusst und aktiv angehen.
Unter einer entwicklungspsychologischen Sichtweise lässt sich dabei der jeweilige Entwicklungsstand der Auszubildenden als ein Schema begreifen, das bei der Behandlung der Patient:innen den besonderen Fall an den jeweiligen Wissensstand und an die aus den bisherigen Praxiserfahrungen resultierenden Handlungskompetenz assimilieren möchte. Ein Schema, das aber auch sensibel dafür sein sollte, die nicht assimilisierungsfähigen Aspekte des Einzelfalls zu erkennen und daher bereit sein sollte, sich entsprechend durch Hinzuziehung weiterer Konstrukte und Interventionen, die eine gewisse Plausibilität und Stimmigkeit für den Einzelfall haben, akkomodativ zu erweitern. Um den Spielraum für eine solche konkrete und individuelle Entwicklung möglichst umfangreich zu halten, bieten wir eine möglichst weitfassende Übersicht über Wissensbestände und bewährte Anwendungsmöglichkeiten der klinischen Psychologie in unseren Ausbildungsinhalten an.
Allerdings könnten sich Auszubildende bei der Weiterentwicklung, in der das eigene Therapeutenprofil weiter ausdifferenziert wird, in der Praxis bei diesen Einzelprozessen zu sehr individualisieren oder gar isolieren, so dass eine Positionierung und Verortung des eigenen Entwicklungsstandes nicht nur im Abgleich bzw. in der Kenntnisnahme des Wissens- und Erfahrungsspektrums der gesamten klinischen Psychologie erfolgen sollte. In dem von uns angestrebten Dialog mit anderen Auszubildenden und dem Kollegium lässt sich diese Bestandsaufnahme des eigenen Entwicklungsstandes ebenfalls - unserer Erfahrung nach auf einem noch bewussteren Niveau – vornehmen, da die jeweilige Sichtweise sich in diesen Zusammenhängen regelmäßig artikulieren und hierdurch für Auszubildende, aber auch für alle anderen Diskutanten deutlich werden kann. Hierfür ist allerdings auch eine zunehmend vertrauensbildende, möglichst angstfreie und von gegenseitigem Respekt getragene Dialog- und Diskussionsbereitschaft die Voraussetzung. Diese Diskussionskultur wollen wir mit unserer Ausbildungsstruktur zwischen den Auszubildenden, aber auch mit dem Kollegium und dem Institut als Gesamten fördern.
Deshalb werden bei uns Ausbildungsgruppen gebildet, die aus Teilnehmenden desselben Jahrgangs bestehen und Auszubildende aus beiden Schwerpunktverfahren umfassen. Diese Ausbildungs(jahrgangs-)gruppen werden sich zwar in ihrer verfahrensspezifischen Ausbildung immer wieder trennen, um das gewählte Verfahren auch tatsächlich vertiefen und das jeweils gewählte Störungs- und Behandlungsparadigma aneignen zu können.
Die Ausbildungs(jahrgangs-)gruppen kommen aber während der gesamten Ausbildung immer wieder in verfahrensübergreifenden Lehrveranstaltungen zusammen, in denen sie neben der Kenntnisnahme des jeweilig anderen Schwerpunktverfahren v.a. auch ihre Dialogbereitschaft und Diskussionskultur weiter pflegen können, um über Übereinstimmung, Abhebung und Ergänzung die eigene Position bzw. den eigenen Entwicklungsstand im Dialog identifizieren und sich und anderen gegenüber verdeutlichen zu können.
Diese Dialog- und Verständigungsbereitschaft zur fortlaufenden Beobachtung und Identifikation der eigenen therapeutischen Identitätsentwicklung wird modellhaft auch unter den Mitarbeiter:innen des Institutes gepflegt und ist in deren Arbeits- und Kooperationsstruktur angelegt. So bieten die Dozent:innen nicht nur verfahrensspezifische Lehrveranstaltungen an, die ihre jeweilige Spezialisierung enthalten und vermitteln. Sie kommen auch in verfahrensübergreifenden Lehrveranstaltungen in Form von Co-Dozentenschaften miteinander in Kontakt und treten für die Auszubildenden sicht- und hörbar miteinander in einen Dialog über ihre jeweiligen Störungs- und Behandlungsverständnisse und stellen dabei Unterschiedlichkeiten und Übereinstimmungen fest.
Insbesondere bei der Reflexion und Nachbereitung der konkreten klinischen Praxis wird dabei oft festgestellt, dass mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten ähnliche Prozesse und Erfahrungen verstanden und festgehalten werden, die entweder auf das jeweilig besondere Störungs- oder Persönlichkeitsbild der Patient:innen oder auch der jeweiligen Therapiephase und/oder Prozessdynamik in der therapeutischen Beziehung zurückgehen.
Dies ist für uns auch ein Grund, verfahrensübergeifende Lehrveranstaltungen möglichst praxisnah zu gestalten und anzubieten, um unterschiedliche und gemeinsame Sichtweisen am Einzelfall kenntlich und damit auch für die weitere therapeutische Identitätsentwicklung der Auszubildenden verwertbar zu machen.
Das Institut als Gesamtes orientiert sich in seiner Koordinations- und Organisationsstruktur an der Idee des Verfahrensdialogs. So wurden verfahrensspezifische und verfahrensübergreifende Fachgremien eingerichtet, nicht nur um den Ausbildungsbetrieb mit der gesamten Dozentenschaft zu überblicken und zu koordinieren, sondern ihn auch in seiner curricularen Entwicklung und insbesondere in seiner verfahrensdialogischen Ausrichtung zu beobachten und weiter zu optimieren.
Neben den regelmäßig tagenden Gremien finden auch besondere Fachtagungen statt, die zu bestimmten Ausbildungsthemen und –inhalten bei Diskussionsbedarf eingerichtet werden. Diese fortlaufenden und zum Teil sehr persönlich geführten Verständigungs- und Auseinandersetzungsprozesse zwischen den Dozent:innen, zwischen den Auszubildenden, zwischen Auszubildenden und Dozent:innen sowie zwischen Mitarbeiter:innen und Auszubildenden mit dem Institut als Gesamtinstitution schafft unserer Wahrnehmung nach, aber auch den Rückmeldungen unserer Umfrage zufolge eine sehr vertrauliche, familienähnliche Gesamtatmosphäre am Institut, die von allen Beteiligten sehr geschätzt wird und sich nicht nur in den beschriebenen Arbeitszusammenhängen, sondern auch in unterschiedlichen gemeinsamen Feierlichkeiten manifestiert.
Diese Diskussionskultur fördert eine Sprach- und Kommunikationsbereitschaft und -kompetenz, die nicht nur für den Verfahrensdialog untereinander, sondern auch bei der Vermittlung von psychotherapeutischen Störungs- und Behandlungsverständnissen gegenüber Patient:innen von großer Bedeutung ist. Auch in der interdisziplinären Verständigung mit anderen Berufsgruppen kann sie die Zusammenarbeit im klinischen Kontext fördern.
Nicht zuletzt kommt diese Sprach- und Vermittlungskompetenz langfristig auch der Darstellung unseres wichtigen psychotherapeutischen Beitrages in der Öffentlichkeit und in der Gesundheitspolitik zugute.
Die Idee des Verfahrensdialogs soll unter berufspolitischen Gesichtspunkten von unserer Seite insbesondere einen Beitrag dafür liefern, dass der Berufsstand der Psychologischen Psychotherapeut:innen sich weiter vereinheitlichen und hierdurch gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch gegenüber anderen klinischen Berufsgruppen prägnanter verdeutlichen kann und hierdurch in der Gesundheitsversorgung noch besser verankert wird.
Dr. Roland Geckle
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